Freitag, 2. August 2013

Abstecher nach Gori


Auf dem Bahnhof waren meine Begleiterin und ich die einzigen, die mit dem Zug aus Tiflis anreisten.

Diesmal hat es geklappt, nachdem ich meine Magen-Darm-Verstimmung in den Griff bekommen habe.
Dachte ich, nur ich sei verrückt, mir den Stalinkult in seinem Geburtsort anzuschauen, sah ich, dass die anderen Verrückten mit Bussen, Motorrädern und Unimog schon da waren.

Die übliche, höfliche Frage meiner Kollegen hier in Tbilisi (TBS): „How do you like Georgia?“ Wenn ich dann antworte, dass ich ja noch ncihts vom Land gesehen habe, außer der Hauptstadt, dann werde ich mit guten Ratschlägen überhäuft: Batumi am Schwarzen Meer, die Berge von Svanetien, die alte Hauptstadt Mtskheta mit Kathedrale und Klöstern, etc. „Als Nicht-Tourist in Georgien möchte ich unbedingt Gori sehen.“ Verständnisloses Nicken, da gäbe es doch nichts zu sehen, die Stadt sei nicht schön, keine Landschaft, na, und das mit Stalin ….
Genau! Das mit Stalin interessiert mich. Zumal ich den Medien entnehme, dass es in Georgien eine Renaissance der Stalin-Verehrung gäbe. In diesen Tagen melden die Medien in Deutschland und in Georgien, dass das monumentale Denkmal Stalins in Gori wieder aufgestellt werden soll. Der hiesige Minister für Kultur dementiert halbherzig. Was ist los in Gori?


8:40 h fahren wir vom Hauptbahnhof in TBS ab. Nino, eine junge Studentin (21) mit sehr guten Deutschkenntnissen begleitet mich bei meinem Abenteuer. Sie hat die Sitze 24 und 25 für uns gebucht. Ohne Reservierung keine Bahnfahrt im post-sowjetischen Zugverkehr. Nino bedauert, dass wir nicht mit dem modernen Zug, der einem IC in Deutschland gleicht, fahren. Der steht im anderen Gleis und fährt nach Batumi.
Etwa eine Stunde dauert die Fahrt, fast immer am Mtkvari entlang. Schöne Flusslandchaften wechseln mit Industriebrachen und Kolchoseruinen. Die Narben der Sowjetzeit verschandeln gelegentlich den Blick aus dem Abteilfenster. Doch das Schöne überwiegt. Wasser, fruchtbarer Boden, eingerahmt von steilen Bergen erfreuen mein Auge (um es mal pathetisch auszudrücken).

Mit der Eisenbahn über den Mtkvari Fluss
Nach einer Stunde hält der Zug wieder, ohne Ansage. Beinahe hätten wir die Haltestelle verpasst: Bahnhof Gori. Ich schaue mich um, es sieht so aus wie der deutsche Dorfbahnhof in meiner Kindheit. Der Weg zum Ausgang führt über die Gleise. Doch da rollt ein Güterzug heran. Der Lokführer „gibt Signal“. Wir warten. Warten. Der Zug kommt zum Stehen, blockiert den Weg. Aus den verkleisterten Kesselwagen mit der Aufschrift Kazachstan riecht es nach Teeröl. Doch das wäre eine andere Geschichte.                  ..... (weiter oben ...  mit Gori II und III geht es weiter ...)

In diesem kleinen Haus lebten Mutter und Vater glücklich zur Miete (Zimmer links)
als der kleine Josip auf die Welt kam.
In der Schusterwerkstatt (links unterhalb der Treppe) lernte der Junge schon früh
von seinem Vater den Umgang mit Hammer und Sichel.
Ich darf nach der Besichtigung das Absperrband wieder einhaken.
Ein Privileg, das auch einem Nicht-Stalinisten ausnahmsweise gewährt wird.



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