Mein Obsthändler unten im Haus grüßt mich freundlich mit
„Guten Tag“. Es klingt so ähnlich. Er hat mich schon früh als Deutschen
erkannt. Seine Freunde, die abends bei ihm vor dem Laden rumhängen, sind etwa
in meinem Alter oder zehn Jahre jünger. Auch sie kramen ihre deutschen Wörter
hervor, die sie wohl als Soldaten der Sowjet-Armee in der DDR aufgeschnappt
haben. Und dann kommt das Reizwort: Hitler. Keiner sagt „Heil Hitler“, aber das
reicht. Weil ich mit ihnen reden will sage ich: Stalin. Wir lachen –
verlegen. Doch dann wird es ernster. „Hitler schlecht, Stalin gut!“, sagt einer
von ihnen. Na, so einfach ist das doch nicht – aus meiner Sicht – und versuche
ein Gespräch. Auf meine Frage, warum denn Stalin gut sei, bekomme ich eine deutliche
Antwort. Sinngemäß höre ich: Hitler hat den Krieg gegen die Sowjet Union
begonnen. Stalin hat den Krieg gegen Hitler gewonnen. „Also – gut!“ Mir
verschlägt’s die Sprache. Und die Herren Rentner setzen noch eins drauf:
„Hitler kaputt! Fritz kaputt!“
Erst viel später begreife ich, in Gesprächen mit Georgiern,
die fließend Deutsch sprechen, dass es 1945 in Tbilisi diesen Spruch gab,
mit dem sich Bewohner in Georgien gegenüber den deutschen Kriegsgefangenen Luft
machten. „Hitler kaputt. Fritz kaputt.“ Sie hätten auch den Namen Hans nehmen
können, denn der war bei den POW (Prisoner of War) auch recht häufig. Jumber
Khantadze, zum Beispiel, beschreibt seinen Alltag 1945 als Schüler in Tbilisi sehr einfühlsam, ohne Häme. Seine Familie hatte direkten Kontakt mit jungen
deutschen Kriegsgefangenen. Ein lesenswertes, kleines Büchlein. („The Amorous
Detective – And other Stories“, Shemetsneba Publishing House 2012)
Blogleserin Uschi fragt: Wird das Andenken an Stalin aufrechterhalten?
Offiziell nicht, dafür sehe ich keine Anzeichen hier in Tbilisi.
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